Wann immer ich dazu komme und daran denke, werde ich hier ein paar Notizen und Bilder ablegen ...

Dienstag, 16. März 2010

Schon lange wach

grm 5h war die Nacht vorbei. Eine Reisegruppe ist angekommen. Etwa 30
Leute, erwachsene und kleine Kinder, noisy wie der Inder nun mal ist,
zumindest der Hindu, die Buddhisten und Muslims treten deutlich
behutsamer auf, man schrie sich freudig an, die Kinder jagten
ausgelassen über den Flur, in Verbindung mit indischen Türen, lose in
einen Rahmein eingehängtes Sperrholz, bedeutet das: aufstehen! Ich in
Unterhose auf den Gang wo ich mich verständnislos anblickenden Leuten
vergeblich erklären versuchte, dass ich gerne noch schlafen würde,
ich drang leider nicht durch, gerade war zimmerverteilung, jeweils 4-5
mussten sich pro Raum finden und das erforderte intensive
kommunikation über den Flur hinweg. Ich zurück ins Zimmer und ins
Bett, es wurde tatsächlich etwas ruhiger, vielleicht gewöhnte ich
mich auch nur an die neuen Geräusche? Nope: sie hatten die Fernseher
entdeckt! Also an die Dinger (Volume steht ohnehin auf Plasma-
Desaster), mindestens 3 oder 4, und es gibt mehr GZSZ-Sender in Hindi
als Blätter an einem Baum. Nun gabs kein halten mehr Ich rief laut
nach dem Manager, der Clerk jedoch, der mir schulterzuckend
entgegenkam ahnte nicht mal wovon ich redete, aus den Zimmern nur
blicke à la habt-ihr-den-komischen-blassen-Mann-in-Unterwäsche-
gesehen? Geschlagen und resigniert zurück in my room. Ich legte mich
wieder hin, es war fast 6, um halb 7 wollte ich eh aufstehen. Tiiiief
einatmen, laaaaangsam ausatmen und dem Lärm lauschen. Schlafen mit
Adrenalin geht nicht. Ich gestand mir meine Niederlage ein, vielleicht
fördert das ja die innere Beruhigung, lets face the facts. Das war der
Moment den der Reiseführer nutzte, um mir klarzumachen, wieviel noch
zwischen mir und der in sich ruhenden Gelassenheit liegt. Mit einer
Trillerpfeife, dem Instrument faschistischer Sportlehrer (das andere
Fach ist Mathe), rief er seine Leute zusammen. Das war mein Zeichen:
Nun Frank steh auf und Sturm brich los! Ich bin froh, dass von meinem
Auftritt keine Aufzeichnung bestehen. Die Pfeife verstummte, aber
sonst änderte sich wenig, außerdem war jetzt eh hell, also Tag. Ein
deutscher Sturm ist hier lediglich ein Trockenfurz. Fluchend und im
imaginären Dialog mit dem Verantwortlichen fing ich an zu packen, um 7
statt um 8 saß ich draußen neben meinen Taschen, durch nichts und
niemanden zu beruhigen. Da kam fröhlich winkend mein Guide auf seine
Hero-Honda angefahren. Der liebe Mann entschuldigte sich für this
little bother und sprach mit den Jungs vom Hotel, kam dann mit
ausgebreiteten Armen auf mich zu, um mir dann mehrere Mitbringsel u.a.
for my lovely daughter zu überreichen. I will talk to the manager,
they have to learn. Na toll! Jetzt saß ich da, mit einer Legierung aus
gerechtem Zorn, schlechtem weißer-Mann-Gewissen und sich
ankündigendem Durchfall im Bauch. Ich schenkte ihm ein wahrscheinlich
recht verkniffenes Beißholz-Lächeln und er fuhr freundlich winkend
davon. Der freundlich devote Fahrer von gestern kam, um mich
abzuholen, der zweite Geldautomat funktionierte auch und als wir nach
10min bei der Bushalte ankamen, wollte der gute Mann 400 Rupies von
mir. Zum Vergleich: Taxi Delhi AirPort Innenstadt 40min 130 Rupies,
Kolkata AirPort Innenstadt 90min 210 Rs, Busfahrt nach Jaipur 5,5Std
120 Rs). Fehler! (scheiße, Vollbremsung, Brille und Handy verloren und
unterm Sitz zwei Reihen vor mir wiedergefunden). Fehler! Ich hatte
nicht über den Preis verhandelt, der Tag gestern hatte komplett 1600
Rs gekostet, was schon mehr als fair war (von mir). Und dann hatte ich
Amir (my guide) gefragt, ob es nicht möglich wäre, dass der gleiche
Fahrer ... no problem no problem, und jetzt hatte ich den Salat. War
ja eigentlich nur ein Salätchen, aber es war gerade mal 8 und ich
hatte den Papp schon auf. Im Nachhinein ist immer schlecht verhandeln,
250 hab ich doch noch bezahlt, gestern hab ich ihm noch 100 Rs tipp
gegeben :-( Der Tee- und Der Kioskmann hatten nicht viel Freude mit
mir. Und Toupet, unser Buscopilot, der 2 Rs pro Gepäckstück im
Kofferraum kassiert hat schuldet mir noch 1 R Restwechselgeld und ich
werde sie mir holen! Jetzt sitze ich in einem privaten Deluxe-Bus.
Deluxe ist z.B. die Lüftung, die damals sicherlich mal funktioniert
hat und die abgehängte Trennscheibe hinter dem Fahrer, so dass man
nicht vorne rausgucken kann (außer der Koreaner vorne links, der etwas
verkrampft wirkt - Sissi!), und natürlich die XXL-Hupe. Mittlerweile
sind wir auf einem kostenpflichtigen Highway, 4spurig mit Grünstreifen
in der Mitte, hier gibt es keinen Gegenverkehr. Eigentlich, you know?
Gestern stand in der Zeitung, dass bei Jaipur ein Bus in einen Fluss
"gefahren" ist, 26 students sind auf der Strecke geblieben, ich will
es mal als gutes Zeichen nehmen, dass das eine Meldung wert ist und
hoffe auf statistische Streuung und dass das nächste ähnliche
Unglück woanders passiert. Meine Reisetasche ist hinten im Kofferraum,
das Paket mit der roten Schnur in der Ablage gehört auch mir (es geht
auch ohne ABS: dank des beherzten gleichzeitigen Einsatzes von Bremse
und Lenkrad sind wir einem entgegenkommenden Bulldozer ausgewichen,
Chapeau!), aber der Punjabi Suite wird das Wasser ohnehin nicht
überleben, aber wahrscheinlich brennen wir ohnehin eher aus (so wie
die Kiste, die am Strassenrand in Delhi vor sich hin qualmte, apropos:
Amir, my guide, erzählte, dass es in Indien bereits hunderte von
Fällen von selbstentzündeten LPG-Auros gab - wow, die holy cow hatte
wirklich einen Schutzengel, hab ich eigentlich auch einen
Karmaverlust, wenn ich nur in dem Bus drinsitze, der so ein Vieh platt
macht?). So, jetzt fahren wir wieder hupend auf einer normalen
anderthalb-spurigen Strasse, und ich muss mich wegkonzentrieren. Ah,
wir halten, nee, war keine Haltestelle, wir fahren Schritt und Toupet
wirft Brotscheiben (einzeln), Orangenschalen und schliesslich den
Restmüll aus dem Fenster (aber wieso halten die dafür an? muss
irgendwas religiöses sein, ein Opfer? an den hiesigen Strassengott
vielleicht?) -- danke bis hierhin, hope to see you soon in better mood.